Die Sonne scheint, das Thermometer zeigt zwei Grad, und es weht ein leichter Südwind, als Martin Bříštĕla mich im Hotel in Uherské Hradiště abholt und mit mir zum Flughafen Letiště Kunovice fährt. Dort gründete er im Jahr 2009 zusammen mit seinem Vater Milan das Unternehmen BRM Aero.
Das Unternehmen entwickelt, produziert und verkauft Ultraleicht- und zertifizierte Flugzeuge. Als einer der führenden Hersteller in Europa werden im Werk am Flughafen Kunovice (LKKU) jährlich etwa 120 Flugzeuge gebaut. Seit den 1930er Jahren gibt es hier eine Luftfahrtindustrie. Kunovice ist der Geburtsort der Blaník-Segelflugzeuge sowie vieler anderer Flugzeuge von Herstellern wie Let (zum Beispiel L200, L29, L410) und Evektor.
Geschäftsführer Milan, der einen Abschluss in Flugzeugdesign und -produktion von der Antonín-Zápotocký-Militär- akademie in Brünn hat, ist seit 1983 in der Luftfahrtindustrie tätig. Zusammen mit Sohn Martin baute er 2009 in gemieteten Räumlichkeiten den ersten Bristell-Prototyp.
2011 begann das Unternehmen mit dem Verkauf der ersten Version, der Bristell Classic mit starrem Fahrwerk. Ein Jahr später war ein einziehbares Fahrwerk für das Modell RG erhältlich, und im darauffolgenden Jahr wurde den Kunden eine Spornradversion, die Bristell Classic TDO, angeboten.

Serienfertigung vom Feinsten: Rund 120 Flugzeuge verlassen jedes Jahr das Werk im tschechischen Kunovice.
Das Unternehmen zog 2013 von den gemieteten Räumlichkeiten ins eigene Werk um. 2019 eröffnete BRM Aero einen 3700 Quadratmeter großen Hangar mit einer 4000 Quadratmeter Vorfeldfläche. Heute verfügt das Unternehmen über 10.000 Quadratmeter Produktions- und 5000 Quadratmeter Außenfläche. BRM Aero beschäftigt heute 130 Mitarbeiter, sie feierten im Jahr 2024 die Auslieferung der 1000. Bristell.
Eigenschaften eines fliegenden Sportwagens
Von den zahlreichen zertifizierten und nicht zertifizierten Modellvarianten, die das Unternehmen anbietet, habe ich heute die Möglichkeit, einige zu fliegen. Der Schwerpunkt liegt auf der Bristell RG, einem zwei- sitzigen Ganzmetall-Tiefdecker für die UL- Klasse, der für Reisen, Ausbildung und Freizeit konzipiert ist. Mit Einziehfahrwerk und dem leistungsstarken Rotax 916 iS besitzt das Flugzeug alle Eigenschaften eines fliegenden Sportwagens.
Milan Bříštĕla hat das Flugzeug entworfen. Es ist eine Weiterentwicklung der Bristell NG5, die 2010 zum ersten Mal flog. Die Bristell B23 ist die verstärkte, etwas größere Variante mit einem Meter mehr Spannweite und einem maximalen Startgewicht von 750 Kilogramm. Einfacher ausgedrückt, handelt es sich um ein noch robusteres Flugzeug, das seit 2020 von der EASA zugelassen ist und ebenfalls überwiegend aus Aluminium besteht. Einige der Komponenten sind zudem aus Kohlefaser gefertigt.
Mein Einweiser ist der Testpilot von BRM Aero, Pavel Fajkus. Er öffnet die Hangartore und zieht eine nagelneue Bristell RG, die für einen polnischen Kunden bestimmt ist, aufs sonnige Vorfeld. Gemeinsam erledigen wir die Vorflugkontrolle, und Pavel erzählt mir ein wenig über die Motoroptionen.

Die ultraleichte Bristell RG ist mit einem 160-PS-Kraftpaket ausgestattet.
Die Bristell RG kann mit Rotax 912S (100 PS/74 kW)) – wahlweise als Vergaser oder Einspritzer –, dem Turbo-Einspritzer 915iS (141 PS/104 kW) sowie dem 160 PS starken Topmotor 916 iS geliefert werden, je nach Bedürfnissen und Budget des Kunden. Um einen Vergleich zu haben, starten wir zuerst mit dem kleinsten Motor, bevor ich das Flugzeug mit dem deutlich leistungsstärkeren Rotax 916 iS fliege. Wie erwartet, ist der Unterschied bemerkenswert.
Leistungsstark und langstreckentauglich
Der 916 iS läuft 2000 Stunden zwischen den Überholungen und treibt eine hydraulisch verstellbare Constant-Speed-Luftschraube von MT Propeller an. Außerdem ist unser Flugzeug mit größeren Treibstofftanks ausgestattet, die 82 Liter pro Flügel fassen – 60 Liter sind es in der Standardversion. Pavel und ich bringen jeweils 80 bis 85 Kilogramm auf die Waage. Mit 50 Litern Sprit in den Tanks liegt unser Startgewicht nahe an den zulässigen 600 Kilogramm.
Beispiel: Pilot 80 Kilogramm, Passagier 65 und Gepäck 15 Kilogramm ergibt eine mögliche Kraftstoffmenge von etwa 80 Litern. Das entspricht etwa halbvollen Tanks und sollte für etwa vier Flugstunden ausreichen.
Wer mehr will, muss sich bei den zertifizierten Modellen mit höherem MTOW (aber auch höherer Leermasse!) umsehen, die dann je nach Avionik auch die Tür zur Welt des Instrumentenflugs öffnen. Heute wollen wir etwa eine Stunde in der Nähe des Flugplatzes fliegen; dafür reicht die UL-Version locker.
Einsteigen, anschnallen, abheben
Eine Stufe erleichtert das Aufsteigen auf den Flügel. Die große, vorne angeschlagene Kabinenhaube öffnet sich zu der relativ geräumigen, 130 Zentimeter breiten Kabine. Haltegriffe zum Einsteigen ins Cockpit befinden sich am Panel und zwischen den Rückenlehnen.
Vom Flügel aus lässt man sich dann in die straffen Sitze fallen, um eine sportwagenähnliche Position einzunehmen. Alles ist leicht zu erreichen. Das gilt auch fürs Gepäckfach hinter den Rückenlehnen. 15 Kilogramm dürfen dort hineingepackt werden. Optional ist ein Gepäckfach in jedem Flügel für nochmals jeweils 20 Kilogramm erhältlich. Die Pedale sind verstellbar.
Mit dem Einschalten der Hauptstromversorgung und des Primary Flight Display (PFD) erwacht das Panel zum Leben, und wir lassen den Motor an. Während sich das Öl auf mindestens 50 Grad Celsius erwärmt, werfe ich einen Blick auf die Instrumente.
Das volle Garmin-Programm
Wer sich im Universum der Garmin-Avionik auskennt, wird sich in der Bristell sofort zu Hause fühlen: Das doppelte Garmin G3X Touch bietet einen guten Überblick über Navigation und fliegerische Daten. In diesem UL ist auch ein Autopilot von Garmin installiert: Dieser ist nicht nur auf langen Legs eine echte Hilfe, aber in deutsch registrierten ULs immer noch nicht zulässig.
Damit verbunden ist das Enhanced Stability Protection (ESP) genannte System, das über den Flugzustand wacht und im Zweifel eingreift. Safe Glide zeigt die mögliche Gleitdistanz bei einem Motorausfall an. Das eingebaute Avionikpaket umfasst auch einen Anstellwinkelsensor (AOA) für zusätzliche Sicherheit.

Das Garmin G3X Touch informiert den Piloten über alle für den Flug relevanten Daten.
Das Bugrad ist mit den Seitenruderpedalen gekoppelt. Für enge Kurven kann man ein wenig "schummeln" und die Differenzialbremse verwenden. Solange die Oberfläche nicht allzu holprig ist, darf die Plexiglas-Kabinenhaube beim Rollen ein paar Zentimeter geöffnet bleiben. An knackig heißen Sommertagen verschafft das den Insassen eine willkommene Kühlung, im Januar machen wir die Schotten freiwillig dicht.
Die Klappen mit drei Positionen werden elektrisch betätigt. Pavel sagt, dass man normalerweise mit eingefahrenen Klappen startet, es sei denn, die Länge des Flugplatzes erfordert eine besonders kurze Startstrecke. Man kennt das von anderen Mustern, etwa der altehrwürdigen Cessna 172. Wie ich gleich herausfinden werde, produzieren die Tragflächen ohnehin sehr schnell ordentlich Auftrieb.
Der Turbomotor zeigt Biss
Die Motorchecks verlaufen zu unserer Zufriedenheit, und der Tower erteilt uns die Startfreigabe. "Du kannst den Steuerknüppel gleich zu Beginn etwas hinter der Neutralstellung halten, da das Flugzeug ziemlich schnell fliegen will", sagt Pavel. Während ich Vollgas gebe, löse ich gleichzeitig die Bremsen. Dann geht alles sehr schnell. Nach wenigen Metern erreicht die Bristell die Marke von 90 Kilometern pro Stunde und verlässt den Boden. Mit leichtem Gegenwind genügen dafür 100 Meter.
Sofort ist eine ziemlich hohe Position der Nase erforderlich, um die passende Steig- geschwindigkeit zu erreichen und die üppige Leistung dieses Motors auszunutzen. Man ahnt, welches Feuerwerk der Turbolader unter der Cowling gerade veranstalten dürfte, um dem kleinen Boxermotor diese Kraft zu entlocken.
Zeit, das Fahrwerk einzufahren, bevor die Geschwindigkeitsbegrenzung erreicht ist (139 km/h). Ich steige mit 150 Kilometern pro Stunde (VY), lese eine Steigrate von etwa 1500 Fuß pro Minute ab und reduziere die Drehzahl auf 5500 Umdrehungen pro Minute. Fünf Minuten darf die volle Leistung gesetzt werden.Über zu wenig Power kann man sich in dieser Zeit wirklich nicht beschweren.
Fast ein Rennflugzeug
Jetzt wird es etwas ruhiger, und ich kann – immer noch im Steigflug – den Ausblick über die tschechische Agrarlandschaft genießen. Was wir in diesen Sekunden erleben, ist eine ganz andere Hausnummer als das, was das Flugzeug mit Rotax 912S zu bieten hat, das ich gerade eben noch geflogen bin.
Die 100-PS-Variante ist eine wirtschaftlich vernünftige Alternative, die mit Einhebel-Leistungsregelung einfach zu handhaben ist. Aber es ist klar, dass die RG mit den zusätzlichen 60 Pferdestärken schon fast ein Rennflugzeug ist. Allerdings braucht es etwas Erfahrung und Training, um dem Geschehen nicht "hinterherzufliegen". Piloten sollten ihre Bedürfnisse abwägen. Leistung oder Vernunft?
Effiziente Reiseleistung in der Reiseflughöhe
In 4000 Fuß Höhe darf die Bristell erst mal bleiben. Mit 75 Prozent Leistung liegen 215 Kilometer pro Stunde am Stau an, und der Treibstoffverbrauch liegt bei 15 Litern pro Stunde. Mit dem einziehbaren Fahrwerk und dem leistungsstarken Rotax 916 iS ist das Flugzeug ein leistungsfähiger Tourer.
Gute Rundumsicht und die bequeme Sitzposition tragen zum guten Eindruck bei. Dazu kommen der erwähnte Autopilot und eine Instrumentierung, die alle Wünsche von VFR-Piloten erfüllen dürfte. Ich nehme etwas Leistung weg und stelle sicher, dass wir deutlich unter der maximalen Manövergeschwindigkeit von 180 Kilometern pro Stunde bleiben.
Stabil und gutmütig im Manöverflug
Die Steuerung fühlt sich solide und reaktionsschnell an, als ich ein paar Manöver und Steilkurven versuche. Bei einer Lazy Eight zeigt sich die gute Abstimmung der Bristell in allen Geschwindigkeitsbereichen. Ich halte die Höhe, ziehe den Gashebel zurück und lasse die Geschwindigkeit bei eingefahrenen Klappen auf 85 Kilometer pro Stunde sinken. Die Bristell fliegt sich auch bei niedriger Geschwindigkeit gut.
Geht der Pilot in den Leerlauf, bis der Auftrieb zusammenbricht, erfolgt der Strömungsabriss auf angenehme und erwartete Weise bei 80 Kilometern pro Stunde. Die Nase senkt sich dann einfach nach unten. Das gleiche Manöver mit ausgefahrenem Fahrwerk und ausgefahrenen Klappen führt zu einem Strömungsabriss bei 72 km/h, diesmal etwas stärker ausgeprägt.

Das für diesen Bericht geflogene Exemplar ist für einen Kunden aus Polen bestimmt.
Das Fahrwerk fährt automatisch aus, wenn die Klappenpositionen 2 oder 3 gewählt werden. Als Ergänzung zu den Kontrollleuchten an der Fahrwerkssteuerung ist unter dem Rumpf eine Kamera installiert, mit der die Radposition überprüft werden kann. Das Flugverhalten ist rundum vorbildlich.
Bevor Fahrwerk und Landeklappen ausgefahren werden, ist die Bristell fast schon ein "Segelflugzeug" mit sauberer Aerodynamik, sodass ein wenig Vorausplanung erforderlich ist, um einen stabilen Landeanflug zu erreichen. Die erste Klappenposition kann bei Geschwindigkeiten unterhalb von 140 Kilometern pro Stunde ausgewählt werden.
Sichere Landung bei Seitenwind
In der Kurve zum Endanflug fahre ich das Fahrwerk aus und reduziere die Geschwindigkeit auf 120 Kilometer pro Stunde. Der Wind weht mit etwa acht Knoten von links. Pavel empfiehlt die "Wing-Low-Methode", um die Abdrift auszugleichen. Mit dem Seitenruder halte ich den Kurs, das Querruder sorgt für Schräglage nach links. Ich setze volle Klappen und nehme die Propellersteuerung ganz nach vorne. Ziel- marke ist eine Geschwindigkeit von 105 bis 110 Kilometer pro Stunde.
Beim Abfangen des Tiefdeckers ist der Bodeneffekt deutlich zu spüren, aber schließlich setzen wirsanft auf. Ich fahre die Klappen ein und gebe für einen weiteren Start Vollgas. Die Bristell quittiert meine Eingabe mit sofortigem Abheben. Erneut muss ich die Nase deutlich anheben, um die passende Steiggeschwindigkeit zu erreichen.
Das Fliegen mit der Bristell RG macht richtig Laune, und ich könnte den ganzen Tag so weitermachen. Aber nach zwei weiteren Anflügen gönne ich ihr eine Pause. Zurück auf dem Rollfeld, braucht der Rotax zwei Minuten Leerlauf, um abzukühlen.